Das Oberlandesgericht Stuttgart setzt mit seiner aktuellen Entscheidung einen wichtigen Meilenstein: Es ist das erste OLG, das einen Anbieter von Sportwetten zur Rückzahlung von Spielverlusten NACH dem Erwerb einer gültigen Lizenz verurteilt hat. Bisher wurden nur Anbieter ohne deutsche Konzession verurteilt. Der Spielerschutz steht dabei im Vordergrund und an dessen Regelungen hatte bet365 sich nicht gehalten. Dieses Urteil zeigt, dass Spielverluste zu jeder Zeit zurückgefordert werden können, wenn der Anbieter nachweislich wichtige Regeln zum Schutz vor Sucht und finanziellem Ruin nicht eingehalten hat.
Dass bet365 die Regeln zum Spielerschutz nicht eingehalten hat, wird am 1000-Euro-Limit am deutlichsten. Denn der Spieler aus dem aktuellen Fall (Az.: 5 U 118/23) hatte gerade im Zeitraum nachdem der Anbieter von Online-Sportwetten eine deutsche Lizenz erworben hatte, im Schnitt mehr als 5000 Euro pro Monat verwettet. Insgesamt soll er jetzt rund 212.000 Euro zurückbekommen, davon fallen rund 17.000 in den Zeitraum mit deutscher Konzession. Die 1000 Euro, die verspielt werden durften, wurden dabei herausgerechnet. Im Schnitt hatte der Mann über seinen gesamten Spielzeitraum zwischen Oktober 2014 bis Dezember 2020 pro Monat 2700 Euro eingezahlt. Insgesamt hat er über sechs Jahre hinweg rund 800.000 Euro eingesetzt.
Geld zurück von bet365: Kein Spielerschutz? Dann Schadensersatz!
„Es hatte sich gar nichts verändert“, erzählt der Mandant der HFS Rechtsanwälte. Auch nach der der Lizenzerteilung konnte er so viel Geld setzen, wie er gerade hatte und verzockte schließlich alles: Sein sehr gutes Einkommen, Kredite und Geliehenes von seinen Eltern. „Das Geld, mit dem sich andere eine eigene Existenz aufgebaut haben, habe ich verspielt“, sagt der 39-Jährige. Sein Beispiel zeigt, wie Spieler ohne Schutz in die Sucht geraten und schließlich ihre komplette Existenz verspielen. Seine Hoffnung war zunächst, vor allem aus seinem Tenniswissen über das Wetten Geld machen zu können. Immer wieder hatte er schließlich auch etwas gewonnen. Am Schluss stand aber der immense Verlust, den er nun zurückbekommen soll.
Erst im Dezember 2020 wurde sein Konto von bet365 gesperrt. Die notwendige Überprüfung seiner Finanzen erfolgte also erst, als bet365 bereits seit drei Monaten eine gültige Lizenz hatte. Nach einer solchen Überprüfung ist es tatsächlich rechtens, das Limit des jeweiligen Spielers zu erhöhen. Je nach finanzieller Situation darf ein Spieler dann Beträge von 3000 bis maximal 30.000 Euro einsetzen. Da eine solche Überprüfung aber nicht stattfand, liegt ein Vertragsbruch vor und der Kläger hat daher einen Anspruch auf Schadensersatz. Bisher wollten sich Glücksspiel-Anbieter, wie auch bet365, mit fadenscheinigen Behauptungen aus der Affäre ziehen. Anwalt Achim Görg, der den Mandanten der HFS Rechtsanwälte vor dem OLG Stuttgart vertreten hat, erklärt dies wie folgt:
„Für den Zeitraum nach Oktober 2020, seit dem deutsche Lizenzen für das Angebot von Online-Sportwetten erworben werden können, vertraten die Anbieter bisher die Meinung, dass sie sich an die gesetzlichen Limit-Vorschriften nicht halten müssten, da diese angeblich keine Auswirkungen auf das Vertragsverhältnis zum Spieler hätten. Die gesetzlichen Vorschriften seien nur eine Nebenbestimmung und hätten für den Kunden daher keine Wirkung. Dieser fehlerhaften Ansicht hat das OLG Stuttgart nun zu Recht eine Absage erteilt. Die Vorschriften des GlüStV haben laut Ansicht des OLG natürlich eine Wirkung in Bezug auf das Vertragsverhältnis mit dem Kunden, da die Limits konkreter Ausdruck des Spielerschutzes sind. Verstöße führen daher zum vertraglichen Schadensersatz.“
Auch der BGH hat zuvor in einem Beschluss bereits darauf hingewiesen, dass es sich bei dem 1000-Euro-Limit um "eine zentrale Regelung zur Verwirklichung des mit dem Glücksspielstaatsvertrag angestrebten Spielerschutzes“ handelt. „Die Ansicht von bet365 und anderen großen Anbietern wie Tipico und Bwin, dass gesetzliche Vorgaben, die gerade den Spieler schützen sollen, diesem gegenüber keinerlei Wirkung haben sollen, war daher seit jeher abwegig. Das OLG Stuttgart hat hierüber nun deutlich geurteilt“, sagt Görg. Eine Revison zum Bundesgerichtshof wurde diesbezüglich nicht zugelassen.
Das Thema „Geld zurück aus Online-Sportwetten“ liegt dem EuGH vor
Des Weiteren holt das Gericht in einem Rundumschlag weit aus und legt deutlich seine Meinung dazu dar, weshalb es dieses Verfahren nicht aussetzt, obwohl eine ähnliche Sache gerade dem Europäischen Gerichtshof vorliegt und der Bundesgerichtshof auf eine Entscheidung des EuGH wartet. Anwalt Achim Görg fasst dies so zusammen: „Die Vorlagefragen des BGH zu Sportwetten vom 25. Juli 2024 haben auf Ansprüche nach Lizenzierung ebenfalls keine Auswirkung, da diese Vorlagefragen nur den Zeitraum vor Lizenzierung betreffen.“
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Wer bei diesem oder anderen Anbietern gespielt und mehr als 1000 pro Monat gesetzt hat, kann sein Geld nun jedenfalls auch dann zurückfordern, wenn er nach Oktober 2020 gezockt hat. Wichtig ist jetzt schnell zu handeln. Denn die Ansprüche daraus verjähren bereits nach drei Jahren. Der Grund dafür ist, dass hierbei ein etwas anderer Anspruch auf Schadensersatz gilt, als bei Fällen vor Oktober 2020. Hatte ein Anbieter keine Lizenz für sein Angebot auf dem deutschen Markt, gilt eine Verjährungsfrist von zehn Jahren.
Thomas Schopf, Gründer der Kanzlei „HFS Rechtsanwälte“, sagt dazu:
„Das ist ein wegweisendes Urteil und wenn sich andere Gerichte daran orientieren, haben die Spieler endlich etwas in der Hand, um den Spielerschutz tatsächlich durchzusetzen. Die GGL (Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder), die eigentlich dafür zuständig wäre, hat in den vergangenen Jahren bewiesen, dass sie nicht in der Lage ist, Regeln zum Spielerschutz durchzusetzen. Fakt ist, dass sich bet365 weder vor noch nach der Lizenzerteilung an das 1000-Euro-Limit gehalten hat – und zahlreiche weitere Anbieter auch nicht. Zum Beispiel liegt uns ein Fall von Tipico vor, bei dem es ein Mandant geschafft hat, innerhalb von einem Monat ca.60.000 Euro zu verspielen.“
Sie haben auch Geld bei einem Anbieter von Sportwetten verspielt, der das 1000-Euro-Limit nie eingehalten hat? Und ihre finanzielle Situation wurde vom Anbieter nie überprüft? Dann stehen Ihre Chancen gut, auch Ihre Verluste aus Online-Glücksspielen zurückzuholen. Wir helfen Ihnen gerne!