Online-Sportwetten: Spieler soll rund 46.000 Euro von Tipico zurückbekommen

Das Landgericht Hannover hat entschieden, dass ein Spieler seine Verluste von genau 45.939 Euro plus fünf Prozent Zinsen von Sportwetten-Anbieter Tipico zurückbekommen soll. Grund ist, dass der Anbieter von Online-Sportwetten keine gültige Lizenz hatte. Außerdem bot Tipico Wettarten an, die schnell in die Sucht treiben und hielt sich nicht an weitere Vorgaben zum Spielerschutz.

Die Wichtigste Info für Spieler, die auch ihre Verluste aus Online-Glücksspiel zurückholen wollen zuerst: Dass ein Landgericht in einem solche Fall gerade überhaupt urteilt, ist ein gutes Zeichen. Denn der Bundesgerichtshof setzt Verhandlungen zum Thema gerade aus. Bereits im Juli hat der BGH den ersten Fall, der dieses Thema betrifft, dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt. Dieser soll nun zwei Fragen zur Dienstleistungsfreiheit im europäischen Raum beantworten. Bis sich der EuGH dazu äußert, kann es jetzt noch eine Weile dauern. Landgerichte und Oberlandesgerichte entscheiden bis dahin selbstständig, ob sie auch Verfahren aussetzen. Zum Beispiel liegt uns gerade ein aktuelles Urteil vom OLG Stuttgart vor. Dennoch kann man aber gerade schlecht vorhersagen, welches Gericht sich wie entscheidet. Fakt ist aber, dass die Sache wieder enorm Fahrt aufnehmen wird, falls der Europäische Gerichtshof zugunsten des Spielers entscheidet.

 Die HFS Rechtsanwälte raten: Klagen lohnt sich jetzt dennoch in jedem Fall. Vor allem für diejenigen, die bereits vor zehn Jahren gespielt haben. Denn die Ansprüche auf die Rückzahlung von Spielverlusten verjähren nach dieser Zeit. Sobald eine Klage eingereicht ist, ist die Verjährung aber gehemmt. 

 Mehr Infos dazu, wie Sie ohne Risiko klagen können, ohne einen Prozess vorzufinanzieren, finden Sie hier: Tipps zur Prozesskostenfinanzierung.

 Tipico und viele andere haben Online-Sportwetten illegal angeboten: Holen Sie Ihr Geld zurück!

Der Spieler aus dem aktuellen Fall (Az.: 19 O 118/23) wettete zwischen April 2014 und September 2020 auf Sportereignisse. In diesem Zeitraum besaß Tipico eine maltesische, nicht jedoch eine deutsche Lizenz zum Betrieb von Online-Glückspielen. Erst seit Oktober 2020 hat der Sportwetten-Anbieter eine gültige Lizenz für das Angebot von Online-Sportwetten auf dem deutschen Markt. Der Spieler wettete zunächst von seinem privaten Laptop aus und später ausschließlich über sein Smartphone fast ausschließlich auf Fußballspiele. In minimalem Umfang hat er dabei auch Geld bei Casinospielen, die Tipico über dieselbe Seite anbot, eingesetzt. Insgesamt hat er dabei 116.598,08 € bei Tipico eingezahlt und 70.659,01 € ausgezahlt bekommen.

Während er spielte, ist er davon ausgegangen, dass es sich um legale Angebote handelt. Die Seiten waren schließlich frei zugänglich und sahen professionell aus. Dass Tipico und andere Anbieter illegal Online-Sportwetten angeboten haben, ist ihm erst im Juni 2023 durch die Berichterstattung im Internet aufgefallen.

Angebot verboten: Spieler können Geld von Tipico zurückfordern

 Der Grund dafür, dass der Spieler jetzt seine kompletten Verluste zurückbekommen soll, ist aber nicht nur der, dass Tipico keine Lizenz für den Spielzeitraum hatte, sondern dass das Angebot an sich in vielen Teilen nicht erlaubnisfähig gewesen ist. Tipico hat nämlich gegen wesentliche Regelungen aus dem Glücksspielstaatsvertrag verstoßen.

 Zum Beispiel hat Tipico:

- das 1000-Euro-Limit nicht eingehalten. Demnach dürfen Spieler grundsätzlich nur 1000 Euro pro Monat verwetten. Auch der Kläger in diesem Fall konnte nachweislich mehr als 1000 Euro bei einzelnen Wetten einsetzen.

- sich nicht daran gehalten, dass über eine Seite auf der Online-Sportwetten angeboten werden, keine Casino-Spiele betrieben und beworben werden dürfen.

- Unzulässige Live-Wetten und die sogenannte Cash-Out-Funktion angeboten.

Hätte Tipico also eine Lizenz gehabt, hätten die Behörden diese wegen des unerlaubten Angebots entziehen können. Das Gericht drückt dies so aus:

„Das Sportwettenangebot der Beklagten war daher - unabhängig von der Ausgestaltung des Konzessionsverfahrens - aus Gründen des materiellen Glücksspielrechts nicht ohne Weiteres erlaubnisfähig und hätte selbst bei unterstellter Konzessionserteilung einem Einschreiten der Aufsichtsbehörde bis hin zu einem Widerruf der Konzession unterlegen.“

Dazu kommt: Im betreffenden Zeitraum war Online-Glücksspiel in Deutschland schlicht verboten. Das wussten allerdings die Wenigsten. Eine Ausnahme bot nur Schleswig-Holstein an und vergab eigene Lizenzen. Damit öffnete das Bundesland aber eine kleine Tür, über die schließlich zahlreiche Anbieter auf einen gigantischen Schwarzmarkt drängten. Werbung im TV, über Fußball-Vereine oder in Zeitungen und Zeitschriften gehörten zum Alltag – allerdings immer mit dem winzigen Zusatz: „Nur für Spieler mit Wohnsitz in Schleswig-Holstein“. Ziel war es, die Bevölkerung vor den negativen Auswirkungen von Online-Glücksspiel zu schützen und dem Entstehen von Schwarzmärkten entgegenzuwirken. Das Landgericht Hannover erkennt daher im damals gültigen Glücksspielstaatsvertrag von 2012 ein Schutzgesetz – auch wenn es schlecht bis gar nicht funktioniert hat.

Das Thema "Geld zurück aus Online-Sportwetten" kommt vor den EuGH

Der Grund für das Chaos bei Sportwetten war, dass es im Jahr 2012 ein Lizenzvergabeverfahren gab, das allerdings an den Regelungen der Europäischen Union gescheitert ist. 20 Lizenzen sollten vergeben werden – unter anderem auch an Tipico. Nach dem gescheiterten Verfahren ging Der Sportwetten-Anbieter einfach doch auf den gesamtdeutschen Markt – wie viele weitere auch. Dabei schiebt Tipico vor Gericht immer wieder die europäische Dienstleistungsfreiheit vor. Die offenen Fragen dazu soll nun der EuGH beantworten.

 Mehr dazu finden Sie hier auf unserem Blog

 Das Landgericht Hannover sagt dazu:

„Der Umstand, dass die Beklagte eine Erlaubnis für die Veranstaltung von Sportwetten beantragt hatte und das für den Antrag geltende Verfahren zur Konzessionserteilung ihrer Auffassung nach unionsrechtswidrig durchgeführte wurde, führt zu keiner anderen Bewertung, denn die Beklagte wusste, dass sie öffentlich Glücksspiel veranstaltete, ohne über eine Erlaubnis der deutschen Behörden zu verfügen, und ihr war auch bekannt, dass die Erlaubnis im Hinblick auf das vorgeschriebene fehlende Einsatzlimit nicht ohne Weiteres zu erlangen gewesen wäre."

 Wie der EuGH entscheidet, kann niemand vorhersagen. Doch die Wahrscheinlichkeit, dass er sich zugunsten des Spielers ausspricht, ist da. Denn bereits im Jahr 2009 hatte der EuGH entschieden, dass Internetverbote für Glücksspiele ausländischer Anbieter grundsätzlich europarechtskonform sind. Es bleibt spannend.

 Sie möchten auch Ihre Verluste aus Online-Glücksspiel zurückholen? Wir helfen Ihnen gerne!

Weitere News

In den nachfolgenden Kategorien
erhalten Sie alle News zum jeweiligen
Thema auf einen Blick: