Ein Mandant der HFS Rechtsanwälte aus dem Kreis Heilbronn soll jetzt genau 375.431 Euro plus Zinsen von rund 60.000 Euro von Tipico zurückbekommen. So hat es das Oberlandesgericht Stuttgart in seinem Urteil (Az.:5 U 26/23). Grund dafür ist, dass Tipico im Zeitraum, als der Spieler zwischen 2014 und 2020 spielte, keine gültige Lizenz für das Angebot von Online-Sportwetten in Deutschland hatte. Auch weiteren Spielern wird der Sportwetten-Anbieter Verluste in Millionenhöhe zurückzahlen müssen.
Mit Online-Sportwetten hatte der Spieler sein gesamtes Erbe verzockt. Und das mit einem Angebot, das es eigentlich gar nicht hätte geben dürfen. Dazu kommt, dass der Mandant der HFS Rechtsanwälte bei Tipico quasi ins offene Messer gerannt ist, denn Regeln zum Spielerschutz wurden nicht eingehalten. Zum Beispiel bot Tipico verbotene Wettarten an. Außerdem konnte der Spieler so viel Geld wie er wollte auf sein Spielerkonto einzahlen. Eigentlich sollte pro Monat nach 1000 Euro Schluss sein. Der Glücksspielstaatsvertrag regelt dies mit dem 1000-Euro-Limit. Der Haken dabei: Die Behörden haben Anbieter von Online-Sportwetten kaum kontrolliert. Dadurch entstand ein unregulierter Schwarzmarkt mit einem ungebremsten Sog in die Spielsucht.
Online-Glücksspiel war in Deutschalnd verboten: Tipico bot trotzdem Sportwetten im Internet an
Dass er gespielt hatte, weiß bis heute niemand aus seinem privaten Umfeld. Er selbst wusste nicht, dass das Angebot, bei dem er täglich Geld verwettete, illegal war. „Als Fußball-Fan war man zwangsweise der Sportwetten-Werbung ausgesetzt“, sagt der Spieler. Von Ikonen wie Oliver Kahn, die von den Werbebannern strahlten, fühlte er sich sehr angesprochen. Nie im Leben wäre er darauf gekommen, dass diese Werbung in Deutschland illegal war, denn dass die Online-Angebote eigentlich verboten waren, wusste er nicht. Die Seite des Anbieters war schließlich in bestem Deutsch verfasst und für alle über 18 Jahren frei zugänglich. In den Medien war die Sache kaum ein Thema. Außerdem verwies Tipico auf seiner Homepage auf die gültige Lizenz aus Malta für das Angebot von Online-Sportwetten. Ein Laie konnte kaum darauf kommen, dass diese in Deutschland nicht gültig ist. Zur Zeit, als der Spieler zockte, galt hierzulande sogar ein Online-Glücksspielverbot. Für Sportwetten gab es die Ausnahme, dass sie mit einer speziellen deutschen Konzession, die ein straffes Regelwerk voraussetzte, betrieben werden durfte. Das Problem dabei war allerdings, dass kein Sportwettenanbieter bis Oktober 2020 eine solche Lizenz erwerben konnte. Das Lizenzvergabeverfahren aus dem Jahr 2012 war an den Hürden der Europäischen Union gescheitert und bis die deutschen Behörden ein funktionierendes Verfahren an den Start brachten, vergingen acht Jahre – in denen die Anbieter einfach machten, was sie wollten.
Jeder, der vor Oktober 2020 bei Tipico Geld verloren hat, kann es zurückfordern
Im aktuellen Fall war bereits am 9. Februar ein Versäumnisurteil ergangen. Gegen dieses hat Tipico Einspruch eingelegt. Mit dem aktuellen Urteil bestätigte das Landgericht Stuttgart aber seine vorherige Entscheidung. Mehr dazu lesen Sie hier.
Im aktuellen Urteil sagt das OLG Stuttgart dazu:
„Das Sportwettenangebot der Beklagten war daher – unabhängig von der Ausgestaltung des Konzessionsverfahrens – aus Gründen des materiellen Glücksspielrechts nicht ohne Weiteres erlaubnisfähig und hätte selbst bei unterstellter Konzessionserteilung einem Einschreiten der Aufsichtsbehörde bis hin zu einem Widerruf der Konzession unterlegen.“
Der Hintergrund: Selbst wenn Tipico im betreffenden Spielzeitraum eine Lizenz gehabt hätte, wäre das Angebot nicht legal gewesen, da der Anbieter gegen wichtige Regeln verstoßen hat. Und genau deshalb kann jetzt jeder, der bei Tipico vor Oktober 2020 Geld bei Online-Sportwetten verloren hat, seine Verluste zurückfordern.
BGH: Erster Beschluss zum Thema „Spielverluste aus Online-Sportwetten zurückholen
In seiner Begründung verweist das OLG Stuttgart außerdem auf den Hinweisbeschluss des Bundesgerichtshofs zum Thema vom 22. März 2024. Auch dieser Beschluss betrifft einen weiteren Mandanten der HFS Rechtsanwälte. Dabei geht es um die Rückzahlung von Spielverlusten vom aktuellen Fußball-EM-Sponsor Betano. Auch dieser Sportwetten-Anbieter bot jahrelang illegal Online-Sportwetten im deutschen Internet an. Der BGH stellt sich dabei auf die Seite des Spielers. Mehr zu diesem Beschluss lesen Sie hier.
Auch der aktuelle Fall könnte noch vor dem BGH landen, denn das OLG Stuttgart hat die Revision zugelassen – allerdings nicht bezogen auf den Rückzahlungsanspruch, sondern nur bezogen auf eine Nebenforderung. Für das OLG Stuttgart ist es also klar, dass der Anspruch des Klägers auf die Rückzahlung seiner kompletten Spielverluste hat. Dieses Signal ist wichtig, denn diese Entscheidung des Oberlandesgerichts hat auch einen Einfluss auf die Entscheidung der Instanzen darunter und kann die Sache in weiteren Fällen nun wesentlich beschleunigen.
Der Spieler aus dem Kreis Heilbronn ist nun auf dem besten Weg zu seiner zweiten Chance. Sie haben auch Geld bei Online-Sportwetten verwettet? Wir helfen Ihnen gerne!